Speedys Filmtagebuch


Speedys Filmtagebuch - Der Untergang

Der Untergang

 

Der Untergang

Gesehen am:
27.09.2004

Wo gesehen:
Ufa Palast Stuttgart

  Review:
Der Film beginnt einige Jahre vor Kriegsende. Traudl Junge bewirbt sich als Sekretärin und wird aus einigen anderen Bewerberinnen persönlich vom Führer ausgewählt. Zunächst noch überglücklich, ahnt sie nicht welch schreckliche Dinge sie in den kommenden Jahren als Schreibkraft, im Führungsbunker unter der Reichskanzlei von Berlin miterleben muss. Anfang 1945 hat Adolf Hitler (Bruno Ganz) jeglichen Bezug zur Realität verloren und weigert sich strikt einzugestehen, dass der Krieg verloren ist. Stattdessen bezüchtigt er selbst seine treuesten Generäle des Hochverrates und wird in seinem Handeln zunehmend unberechenbarer …

Der auch international erfolgreiche Produzent Bernd Eichinger ("Im Namen der Rose") hat zusammen mit Regisseur Oliver Hirschbiegel ("Das Experiment") in dem Film "Der Untergang" die letzten Tage und Stunden im Führungsbunker verfilmt. Bruno Ganz liefert dabei als Adolf Hitler eine, angesichts der etwas heiklen Thematik, grandiose schauspielerische Leistung ab. Als er zum ersten Mal auf der Kinoleinwand auftaucht und beginnt mit dem österreichischen Akzent zu sprechen, war noch ein leichtes Schmunzeln und Kichern im ausverkauften Kinosaal zu hören, dies verging den Zuschauern aber recht schnell.
Das Kammerspiel im Bunker, immer wieder unterbrochen von sich über der Erde zutragenden Kriegsszenen und Kämpfen, entfaltet sehr schnell eine äußerst bedrückende Atmosphäre. Dazu trägt vor allem Bruno Ganz mit seiner glaubhaften und diabolischen Verkörperung des Führers bei. Auch die während dieser Bunkerszenen immer wieder im Hintergrund hörbaren Einschläge von Artillerie und Flugzeugbomben, welche aufgrund der dicken Mauern dieses Schutzkellers nur als dumpfes Grollen zu vernehmen sind, entfalten eine äußerst bedrückende Wirkung. Wenn man dabei auch noch die völlig ahnungslosen und zum Teil auch naiven Frauen über absurde und belanglose Dinge reden hört, während an der Oberfläche Menschen um das nackte überleben kämpfen, dann wird die ganze Tragik des Untergangs in einem erschreckenden Ausmaß deutlich.

Absolut positiv ist dem Film anzumerken, dass er gänzlich auf eine Wertung des Geschehens verzichtet. Die letzten Tage des dritten Reiches werden sehr detailliert, auch ohne Rückblenden, beschrieben. Eine überbetonte Dramaturgie wie in manchen anderen Kriegsfilmen zu beobachten, lässt "Der Untergang" ebenfalls außen vor. Hier sprechen eindrucksvolle Bilder und beklemmende Szenen wirklich für sich und es wurde, am gegen Ende immer ruhiger werdenden Kinopublikum, deutlich, dass der Film durch seine beinahe schon dokumentare Erzählweise auch so eine volle Wirkung entfalten kann.

Besetzt ist dieser jüngste Kriegfilm mit dem deutschen "Who is Who". Auch in kleineren Nebenrollen findet man immer wieder aus dem Fernsehen bekannte Gesichter. Dadurch wird klar, dass es sich offenbar kein deutscher Schauspieler entgehen lassen wollte an diesem Projekt mitzuwirken, und sei es auch nur in einer kleinen Nebenrolle.

Die musikalische Untermalung ist weitestgehend sehr minimalistisch ausgefallen. Lediglich in einigen wenigen Szenen tritt die instrumentale Musik in den Vordergrund und verdeutlicht dabei meist die Emotionen von Gefühle der Personen.
Wie von einem Kriegsfilm nicht anders zu erwarten trägt auch der Sound sehr zur beklemmenden Atmosphäre bei. Während es im Bunker die bereits angesprochenen dumpfen und weiträumigen Geräusche sind, dominieren während den Straßenkämpfen in Berlin Maschinengewehrfeuer und Schüsse aus allen Richtungen. Mit internationalen Produktionen kann es der Film in diesem Punkt zwar nicht ganz aufnehmen, ist jedoch vom Gesichtspunkt des Sounds trotzdem sehr gut umgesetzt.

Nicht zu verschweigen ist allerdings eines der Hauptprobleme des Filmes: Vor allem gegen Mitte der knapp 155 Minuten langen Laufzeit, hat "Der Untergang" doch einige Längen und Durchhänger. Bei aller Liebe zur Detailgenauigkeit und Gesprächen zwischen den Personen, den einen oder anderen Dialog hätte man für einen ausgewogeneren Erzählfluss doch kürzen müssen.

Der Untergang ist mit Sicherheit einer der besten deutschen Kriegfilme seit "Das Boot" von Wolfgang Peterson. Die letzten Stunden des Führers und seinen Untergebenen werden in einem Kammerspiel sehr beklemmend im Bunker dargestellt. Der Film verzichtet dabei auf eine Überbetonung und es zeichnet ihn außerdem besonders aus, dass er es dem Zuschauer völlig frei lässt wie er das Gezeigte bewertet ohne ihm seinen Stempel aufdrücken zu wollen.
Meine Wertung: 7 von 10 Punkte
Action
Humor
Spannung
Anspruch

Durchschnittliche Userwertung: 7 Punkte

 

Kommentare:

BumBum (http://www.BumBum2000.de) hat den Film gesehen und schreibt am 29.09.2004 - 09:16 Uhr:
Außnahmsweise kann ich mich der Wertung von Jochen voll und ganz anschließen. *bg* Auch mir hat der Film prinzipiell recht gut gefallen und gerade diese Darstellung empfand ich doch als am wohl Realitätsnahsten. Wie er er immer mehr seinen Bezug zum Realen verliert und in seiner eigenen Welt völlig unmögliche Befehle gibt stellt den langsamen Untergang von Hitler doch sehr gut dar. Dabei ist Bruno Ganz wirklich nur ein Lob auszusprechen, wie er seine Rolle wirklich sehr gut über die ganzen 155min rüberbringt. Aber auch die ganzen anderen Stars des Film liefern alle eine sehr gute Leistung ab. Tontechnisch verzichtet der Film zum Glück auf den Einsatz von Musik zur Untermahlung. So entfalltet der Film durch die sehr beklemmende Stimmung seine ganz eigene Wirkung und der Zuschauer kann so seine eigenen Gedanken entwicklen ohne in eine vorgegebene Richtung gelenkt zu werden. Mein einziger Kritikpunkt ist wohl, dass ich den Film insgesammt etwas zu lang fand und er auch soundtechnisch noch ein Stück besser hätte sein können. Trotzdem muss sich dieser Film nicht verstecken und jeder der mal eine andere Sichtweise sehen will, kann sich die 155min ruhig mal antun. Ich zumindest habe den Besuch nicht bereut!

Meine Wertung: 7 von 10 Punkte

Knuddel hat den Film gesehen und schreibt am 07.10.2004 - 13:35 Uhr:
Puh - was soll ich zu diesem Film sagen...

...fand ihn eigentlich sehr gut. Bruno Ganz ist echt ein unglaublicher Schauspieler! Respekt!

Und generell denke ich, ist es wichtig, gerade Hitler auch mal von seiner etwas menschlicheren Seite zu zeigen - ist ja nur realistisch. Ich finde, die Figur des Hitlers kam sehr klar heraus. Einerseits sehr nett (gerade zu seiner Sekretärin), andererseits der verbelndete Choleriker (wird das so geschrieben...) der in seinem Wahn in seiner eigenen Welt lebt. Also druchweg gelungen.

Meine Kritik gilt da viel mehr der Darstellung von "Hitlers Helfern". Ich möchte gar nicht sagen, dass z.B. Goebbels sehr sympatisch dargestellt wurde, aber trotz allem: Hier hat mir neben den menschlichen Seite auch die andere Seite gefehlt. Wenn man keine Ahnung hat und sich "Der Untergang" anschaut, könnte man fast mit Sympathie für Keitel, Goebbels & Co aus dem Kino gehen. Denn so dargestellt, wirkten sie doch neben Hitler sehr verünftig und ational und man könnte sich denken: "Hey, die hatten im Gegensatz zum Führer eigentlich den totalen Durchblick". Fast leid tat einem ja der eine Arzt, der sich dann mit seiner Familie in die Luft gesprent hat, weil Hitler ihm verboten hatte, mit seiner Familie zu fliehen.
Dabei darf man nie aus den Augen verlieren, was für Drecksäcke die ganzen Gehilfen in Wirklichkeit waren. Gerdae Keitel und Goebbels.
Wie gesagt, ich finde es gut, auch endlich einmal die menschliche Seite des Führungsstabs darzustellen, doch sie nur menschlich zu zeigen, halte ich für verantwortungslos. Hitler ist gut getroffen, man merkt, wie verrückt er eigentlich war und doch auch nett sein konnte - aber die Helfer? Sorry, aber für Leute die sich nicht mit der Materie beschäftigt haben, kommen die viel zu positiv weg.

Und wenn ich mir überlege, dass ich selbst in der 10. (!) Klasse von einer Mitschülerin gefragt wurde "Wer sind denn eigentlich nochmal die Nazis?" halte ich das dann doch für sher bedenklich. Denn es gibt mehr uninformierte Menschen, als man denkt!

Meine Wertung: 7 von 10 Punkte


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